Steuertricks bei der Depotführung

Author

Gianluca Jahn

Stand: 27. März 2025

1. Steueroptimierung durch geschickte Depotführung

Die richtige Verwaltung eines Wertpapierdepots kann dabei helfen, die Steuerlast zu minimieren und langfristig die Rendite zu steigern. Besonders wichtig sind hierbei die Prinzipien der gezielten Verkaufsstrategie. Um diese zu verstehen, müssen wir jedoch erst einmal verstehen, wie genau Wertpapiere in Deutschland zurzeit versteuert werden.

FIFO-Prinzip beim Verkauf von Wertpapieren

Das FIFO-Prinzip (First In, First Out) ist die gesetzlich vorgeschriebene Methode zur Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns beim Verkauf von Wertpapieren. Besitzt du also 100 Aktien eines Unternehmens und verkaufst 10 davon, werden nur die 10 Aktien verkauft, die du damals zuerst gekauft hattest. Deine Aktien werden also in chronologischer Reihenfolge wieder verkauft.

Was im ersten Moment folgelogisch klingt, ist für unsere Steuerabgaben alles andere als förderlich: Möchten wir ein Viertel unseres Depots abverkaufen, um bspw. einen Bungalow für unsere Rentenjahre zu erwerben, zahlen wir deutlich mehr Steuern auf die ersten 25% unserer erworbenen Aktien als auf die letzten 25%. Das liegt daran, das wir diese ersten 25% unserer Aktien zu einem viel früheren Zeitpunkt und damit - in der Regel - auch zu einem viel günstigeren Preis gekauft haben. 

Die ersten 25% unserer Aktien haben zwar den exakt selben Wert wie die zuletzt erworbenen 25% unserer Aktien, jedoch ist der Kaufpreis bei den zuerst erworbenen so viel niedriger, dass der übrige Teil, der Gewinn, einen deutlich höheren Teil am Gesamtwert dieses Viertels darstellt. Diesen deutlich größeren Teil müssen wir aber nun versteuern.

Beispielrechnung zum FIFO-Prinzip

Jonas ist 55 Jahre alt und würde für seine bald anstehenden Rentenjahre gerne einen Bungalow kaufen. Jonas' Aktiendepot umfasst zurzeit knapp 1.000.000 Euro in Aktien. Jonas benötigt 300.000 Euro für den Kauf des Bungalows, da er einen Teil des Kaufpreises bereits durch den Verkauf seines aktuellen Hauses bereitstellen kann. Jonas ist wahnsinnig überzeugter Anleger der Firma Y, deren Aktie gerade 100 Euro wert ist. Jonas besitzt 10.000 dieser Aktien und möchte nun 3.000 davon verkaufen.

Die ersten 3.000 Aktien (also 30%), die er je gekauft hat, hat er zu durchschnittlich 20 Euro gekauft. Die letzten 3.000 Aktien, die er gekauft hat, hat er zu durchschnittlich 70 Euro gekauft. Würde er nun 30% seiner Anteile verkaufen, würde er automatisch nach FIFO-Prinzip besteuert und die ersten 30% würden verkauft: Diese 3.000 zuerst erworbenen Aktien sind 300.000 Euro wert, wurden aber für nur 60.000 Euro erworben. Der Gewinn beträgt 240.000 Euro. Jonas zahlt 25% Kapitalertragssteuer auf diese Verkäufe und muss somit 60.000 Euro Kapitalertragssteuer bezahlen.

Das LIFO-Prinzip

Hätte Jonas stattdessen die Möglichkeit gehabt, die letzten 3.000 erworbenen Aktien zu je 70 Euro Kaufpreis zu verkaufen, hätte sein Gewinn nur 300.000 - (70 * 3.000) = 210.000 Euro betragen, wodurch er statt 60.000 Euro nur 52.500 Euro Kapitalertragssteuer hätte zahlen und 7.500 Euro hätte sparen können. Was in diesem Beispiel rein prozentual betrachtet nach Peanuts klingt, kann in der Realität und einem weniger konservativen Szenario eine Menge Geld bedeuten.

Das Besteuerungsprinzip, das wir hier hypothethisch angewandt haben, um zuerst die kürzlichst erworbenen Aktien zu verkaufen, anstelle der zuerst erworbenen, nennt sich das LIFO-Prinzip (Last In, First Out). Dieses Besteuerungsprinzip nutzen zu können würde uns, zumindest in den ersten Jahren unserer Rente, einiges an Steuerzahlungen ersparen. Wie können wir es also für uns nutzbar machen?

Wie man das LIFO-Prinzip künstlich nachbildet

Da das LIFO-Prinzip (Last In, First Out) in Deutschland steuerlich nicht verwendet wird, können wir dieses nur durch die Nutzung mehrerer Depots oder mehrerer Wertpapiere umsetzen. Die Ideen hierbei wäre hierbei bspw. das periodische Anlegen in seperaten Depots:

Um einen gezielten Verkauf eines gewissen Prozentsatzes unseres Depotumfangs vornehmen zu können, können wir besagte Prozentsätze in seperaten Depots führen, um gezielte Verkäufe an ihnen vorzunehmen. Es wäre, in Anbetracht des obigen Beispiels, also möglich, innerhalb unseres bspw. 30-jährigen Anlagehorizonts immer nur maximal 3 Jahre über ein einzelnes Depot in das für uns interessante Wertpapier zu investieren. So hätten wir am Ende 10 Depots, die allesamt einzeln 10% unseres gesamten Vermögens darstellen.

Dadurch haben wir die Möglichkeit, den Verkauf bspw. nur in dem Depot auszuführen, das wir zuletzt angelegt hatten, sodass wir hier eine erhebliche Erleichterung der Steuerlast umsetzen können.

Dazu müssen wir jedoch alle Jubeljahre ein neues Depot eröffnen - ein tendenziell sehr mühsamer Prozess. Es gäbe da jedoch noch eine zweite Möglichkeit: Das Periodische Anlegen in verschiedene Wertpapiere.

Statt ständig ein neues Depot anzulegen könnten wir uns einen anderen Umstand zu nutze machen, sollten wir uns für unsere Altersvorsorge für ETFs interessieren: Auf gewisse Indizes wie den NASDAQ-100, den S&P 500 sowie den MSCI World gibt es in der Regel nicht bloß einen, zwei oder drei sondern eine Vielzahl an Anbieter, die selbige vertreiben. 

Um gezielt Abverkäufe von Wertpapier-Tranchen vorzunehmen, die wir in gewissen Zeitabschnitten erworben haben, müssten wir hier also bloß alle paar Jahre den Anbieter wechseln und bspw. von einem Amundi zu einem iShares ETF wechseln. Im Anschluss könnten wir systematisch die zuletzt erworbene Anbietergruppe von ETFs verkaufen, da ETFs auf den gleichen Index von verschiedenen Anbietern vom Broker nicht miteinander vermischt werden.

Fazit zur gesteuerten Depotführung

Durch diese Methode kann die Steuerlast zunächst gesenkt und die Flexibilität bei der Depotverwaltung erhöht werden. Nichtsdestotrotz zahlst du, nachdem du alle Anteile verkauft hast, in der Gesamtbetrachtung Steuern in der selben Höhe, ungeachtet des Besteuerungsprinzips, da sich dein Steuersatz nicht geändert hat. Das Nutzen des LIFO-Prinzips kann dennoch sinnvoll sein, sollten wir nur einen Teilverkauf vornehmen wollen, um wie im obigen Beispiel einen Kauf vorzunehmen, während der Rest unseres Kapitals weiterhin für unsere Altersvorsorge genutzt werden soll. In diesem Fall könnten wir nämlich durch Vornehmen eines kleineren Teilverkauf den selben nachsteuerlichen Gewinn auszahlen.

2. Teilfreistellung für ETFs

Die Teilfreistellung bei ETFs ist eine steuerliche Regelung in Deutschland, die einen Teil der Erträge von bestimmten Investmentfonds von der Kapitalertragsteuer befreit. Sie wurde mit der Investmentsteuerreform 2018 eingeführt und soll eine Doppelbesteuerung von in- und ausländischen Fonds verhindern.

Die Höhe der Teilfreistellung hängt von der Art des ETFs ab:

  • Aktien-ETFs: 30 % der Erträge sind steuerfrei.
  • Misch-ETFs (Aktien- und Anleihen-ETFs): 15 % der Erträge sind steuerfrei.
  • Immobilienfonds (mindestens 51 % Immobilienanteil): 60 % sind steuerfrei (bei ausländischen Immobilien sogar 80 %).

Die Teilfreistellung gilt für:

  • Ausschüttungen: Dividenden oder Zinsen, die der ETF auszahlt.
  • Veräußerungsgewinne: Gewinne beim Verkauf des ETFs.
  • Thesaurierte Erträge: Erträge, die im Fonds wiederangelegt werden.

Wie kannst du die Teilfreistellung nutzen?

Bei der Steuererklärung: Die Kapitalertragsteuer (Abgeltungsteuer von 25 % + Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) wird automatisch von deiner Bank abgeführt. Die Teilfreistellung wird bereits bei der Berechnung berücksichtigt, du musst nichts weiter tun.

Bei der Auswahl des ETFs: Wenn du möglichst viel steuerfrei behalten möchtest, kann ein Aktien-ETF (30 % Teilfreistellung) vorteilhafter sein als ein Misch-ETF (nur 15 %).

Beispielrechnung zur Teilfreistellung

Angenommen, du hast einen Aktien-ETF und erhältst 1.000 € Gewinn. 30 % davon (300 €) sind steuerfrei. 70 % (700 €) unterliegen der Abgeltungsteuer. Von den 700 € werden 25 % Kapitalertragsteuer (175 €) + Solidaritätszuschlag abgezogen. Das bedeutet, du zahlst weniger Steuern im Vergleich zu einem nicht begünstigten Investment, nämlich nur 175 auf 1.000 Euro (17.5%) statt den eigentlichen 250 (25%) Euro.

Fazit zur Teilfreistellung

Die Teilfreistellung ist eine attraktive Steuervergünstigung, die du automatisch nutzt, wenn du in ETFs investierst. Besonders Aktien-ETFs profitieren davon, da sie die höchste Freistellungsquote haben. Wenn du steuerlich optimieren möchtest, solltest du ETFs wählen, die eine möglichst hohe Teilfreistellung bieten.

⚠️ Disclaimer

Solltest du dich für die Umsetzung einer dieser Strategie interessieren, empfiehlt es sich dennoch dringend, sicherzustellen, dass die von dir vorgesehene Strategie im Einklang mit den geltenden Steuerregelungen steht. Im Idealfall konsultierst du hierfür einen auf Wertpapierrecht spezialisierten Steuerberater.

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